Social Software: Wie überzeuge ich die mittlere Führungsebene?

Inzwischen hat sich herumgesprochen, dass die erfolgreiche Einführung einer Social Software auf einer Bereitschaft basiert, die Zusammenarbeit im Unternehmen vollständig zu überdenken.

Diese Änderungen müssen vom gesamten Unternehmen getragen werden. Es reicht es aus, wenn eine Fachabteilung sich euphorisch mit dem Thema beschäftigt – dann wird im besten Fall eine erfolgreiche Insellösung etabliert werden, die keine Schnittstellen zum Unternehmen hat. Auch eine noch so überzeugte Unternehmensführung wird den Wandel alleine nicht schaffen.

In der Regel versteht die Unternehmensführung schnell die Vorteile einer Einführung und kann sich für das Projekt begeistern. Auch die Mitarbeiter sind – bei einer entsprechend begleiteten Einführung – durchaus vom Nutzen zu überzeugen und machen mit.

Das größte Risiko bei der Einführung verbirgt sich tatsächlich im mittleren Management. Die dort angesiedelten Menschen haben in der Regel schon ein längeres Berufsleben hinter sich und damit eine entsprechende Lernerfahrung im Unternehmen. Sie sind maßgeblich für die Entscheidungsfindungen im Unternehmen verantwortlich und definieren, welches Wissen wem zur Verfügung steht und wie die Aufgaben verteilt sind.

Sicherlich gibt es kein Patentrezept für eine erfolgreiche Integration dieser Gruppe in eine Umsetzungsprojekt. Trotzdem lassen sich einige Erfolgsfaktoren finden:

  1. TopDown
    Es muss seitens der ersten Führungsebene glaubhaft der Wille zur Durchsetzung der neuen Strukturen vorgelebt und kontrolliert werden. Dazu gehört es, ein gemeinsames Verständnis zwischen erster und mittlerer Führungsebene zu schaffen und dieses dann auch ohne Kompromisse durchzusetzen. Dabei sind die „schwierigen Fälle“ intensiv zu betrachten und immer wieder mitzunehmen. Die Geschwindigkeit der Umsetzung muss sich an den schwächsten Gliedern der Kette orientieren. Bei dauerhaften und nicht behebbaren Störungen muss im Zweifelsfall die Bereitschaft bestehen, eine schmerzhafte Entscheidung zu treffen und sich von einem Kettenglied zu trennen bevor die ganze Umsetzung gefährdet ist.
  2. Transparentes Unternehmen
    Ziel muss es sein, dass gesamte Unternehmen jedem Mitarbeiter transparent zu machen. Der Geschäftszweck, die Produkte, die Entwicklungen, die Entscheidungen, die Ziele, die Märkte, die Weiterentwicklung und alle anderen Rahmenbedingungen müssen sichtbar werden. Im Endeffekt muss jeder Mitarbeiter das Unternehmen verstehen und erklären können. Damit wird die Basis geschaffen, dass die Mitarbeiter sich engagieren – und damit die mittlere Führungsebene ebenfalls unter Druck setzen, mitzumachen.
  3. Freiheiten zulassen
    Die junge Generation, die bereits in den Unternehmen angekommen ist, braucht andere Rahmenbedingungen. Starre Vorgaben seitens des Managements bremsen das Engagement. Hier wird das mittlere Management seine neue Definition finden können: die Balance zwischen rechtlichen Vorgaben, Sicherheit, nötigen Prozessen und Strukturen und Freiheiten zu finden und umzusetzen. Die Freiheiten sind die Basis für Innovationen und die Weiterentwicklung des Unternehmens – und damit für den dauerhaften Bestand am hochdynamischen Markt.
  4. Generationen übergreifendes Lernen
    Das gesamte Unternehmen muss dauerhaft lernen. Auch hier ist eine neue Aufgabe für das mittlere Management zu sehen: die Basis für dieses Lernen zu schaffen und die „Lehrer“ im Unternehmen zu motivieren. Altersgrenzen spielen hierbei keine Rolle mehr. So kann beispielsweise durchaus ein Azubi für die Führungskräfte eine Lehrveranstaltung durchführen oder im sozialen Netzwerk relevante Informationen bereitstellen. Dieses Verständnis muss sich entwickeln.

Fazit

Das mittlere Management muss einerseits den Druck von oben und unten verspüren, dass die Änderungen gewollt sind. Viel wichtiger ist es aber, im Vorfeld für die Personengruppen die Aufgabenstellungen neu zu erarbeiten und für diese neuen Erwartungen an sie ein gemeinsames Verständnis zu entwickeln – gerade die erste Führungsebene ist hier extrem gefordert, Je besser diese Vorbereitung funktioniert hat, desto weniger „Druck“ ist nötig.

Social Media: Interne Aufstellung des Unternehmens

Bevor ein Unternehmen sich in einem sozialen Netzwerk en­ga­giert, müssen Zuständigkeiten geklärt sein.

Bei Social Media tritt die IT in den Hintergrund. Sie ist (wirklich) nur noch das Werkzeug. Es geht vielmehr um Problemlösung, Spontanität, Zeitgeist und Netzwerke – in vielen Fällen stellt das sämtliche bisherige Verhaltensweisen in Unternehmen auf den Kopf.

Diese Veränderung wird durch die Mitarbeiter getragen und kann nur „Bottom Up“ erfolgen. Allerdings wird sie nicht gelingen, wenn das Management nicht den Boden für die Veränderungen bereitstellt und dafür sorgt, dass die ersten zarten Pflanzen auch wirklich gedeihen.

Trotzdem benötigt auch Social Media mindestens einen Verantwortlichen – idealerweise eine Gruppe. Das Profil der (Social-Media-)Verantwortlichen ist umfangreich.

Zunächst einmal müssen sie sich in sozialen Netzwerken bereits zu Hause fühlen. Im Idealfall sind es Menschen, die bereits für sich privat soziale Netzwerke „leben“ und die Mechanismen dieser kennen. Mit Mechanismen sind in diesem Fall nicht die softwareüblichen Parameter und Einstellungen gemeint, sondern vielmehr die Spielregeln, nach denen sich die Menschen in sozialen Netzwerken bewegen.

Neben einem guten Wissen über das Unternehmen, dessen Struktur und Prozessen müssen die Verantwortlichen viel soziale und persönliche Kompetenz mitbringen. Von ihnen wird erwartet, dass sie das Unternehmen wirkungsvoll in der „Community“ vertreten können ohne dabei die juristischen, moralischen, fachlichen oder andere vom Unternehmen vorab definierten Grenzen zu überschreiten. Oft ist dies ein extrem schwieriger Balanceakt, weil spontan reagiert werden muss und im Vorfeld einfach kein einhundertprozentiges Regelwerk für die Reaktionen erstellt werden kann.

Von den Verantwortlichen wird erwartet, dass sie das entsprechende Fingerspitzengefühl für das Machbare (aus Unternehmenssicht) und auch für das Nötige (aus Social-Media-Sicht) mitbringen. Dazu benötigen Sie das Vertrauen Ihres Unternehmens und auch die entsprechenden Kompetenzen. Sie müssen auf alle Bereiche des Unternehmens schnell zugreifen können um eventuelle Fragen im Sinne des Kunden zu klären.

Wichtig ist dabei in sozialen Netzwerken die Geschwindigkeit. Die Community wartet nicht gerne lange auf Antworten. Ohne eine grundsätzliche Rückendeckung des Managements wird diese schnelle Reaktionsfähigkeit nicht darstellbar sein.

Der „schnelle Zugriff“ bedeutet auch eine schnelle und direkte Verfügbarkeit des Managements für die Verantwortlichen. In Notfällen müssen Entscheidungen getroffen werden, die über die Kompetenz der Verantwortlichen hinausgehen. Je klarer hier die Regeln im Vorfeld definiert wurden je seltener wird solch ein „Notzugriff“ nötig sein.

Neben den sozialen und persönlichen Kompetenzen der Social-Media-Verantwortlichen muss auch eine „jederzeitige“ Bereitschaft zur Betreuung des sozialen Netzwerkes vorhanden sein. Dazu ist ein Mensch mit einem bereits vorhandenen „Leben“ in den sozialen Netzwerken ideal – ihm wird es wenig ausmachen, auch außerhalb der normalen Arbeitszeiten die Community zu pflegen. Trotzdem müssen auch hier „klassische“ Regeln für Bereitschaftszeiten und Vertretungen geschaffen werden. Insbesondere dieser Punkt spricht für den Einsatz eines Teams. Nichts wäre fataler, als wenn eine gut funktionierende Community eines Unternehmens eskalieren würde, weil der Social-Media-Verantwortliche im Urlaub ist und sein Vertreter nicht das passende Profil mitbringt. Ein einziger kritischer Beitrag eines Kunden am Freitagabend kann dann zu bösen Überraschungen am Montagmorgen führen.

Jeder darf mitmachen und die Nutzung am Arbeitsplatz

Jeder darf mitmachen

Grundsätzlich ist dies eine der Spielregeln für „Social Media“ und sollte auch so im Unternehmen umgesetzt werden. Um Wildwuchs zu vermeiden, sind gut durchdachte „Social Media Guidelines“ wesentlich.

Schnell gerät ein Mitarbeiter durch einen unbedachten Kommentar in einem sozialen Netzwerk in die Gefahr, dass er als Vertreter des Unternehmens identifiziert wird und das Verhalten auf das Unternehmen zurückfällt.

Es muss vermieden werden, dass die (private) Meinungs­äußerung eines Mitarbeiters als Unternehmensaussage interpretiert wird. Mitarbeiter können und dürfen über das Unter­nehmen, aber nicht für das Unternehmen sprechen. Sie sind keine Unternehmenssprecher.

Die Konsequenz: Es reicht nicht aus, einen „Social Media Guideline“ erarbeitet zu haben – die Mitarbeiter müssen entsprechend geschult werden.

Nutzung am Arbeitsplatz

An dieser Frage scheiden sich die Geister: darf der Mitarbeiter soziale Netzwerke am Arbeitsplatz benutzen oder nicht? Intuitiv wird diese Frage verneint und die Nutzung verboten.

Dies ist nicht der richtige Weg. Bei der Nutzung des Internets war dies in vielen Fällen bereits ein Eigentor. Auch hier wurde die Nutzung anfänglich verboten oder auf bestimmte Seiten beschränkt. Je mehr das Internet eine Notwendigkeit für den Arbeitsplatz wurde, desto schwieriger waren die Sperren durchzuhalten und die Mitarbeiter hatten teilweise Aufholbedarf im Umgang mit dem Netz.

Dazu kommt, dass ein Unternehmen sicherlich die Geräte am Arbeitsplatz vor dem Zugriff auf soziale Netzwerke schützen kann, der Mitarbeiter dann aber vielleicht auf sein privates Endgerät schwenkt.

Vielmehr sollten Unternehmen die Nutzung mindestens tolerieren – besser sogar dazu ermuntern. Wichtig ist nur, dass der Mitarbeiter dabei seine eigentlichen Aufgaben nicht aus dem Blick verliert und damit unproduktiv wird. Dies ist eine Aufgabe der Führungskraft, so wie sie heute auch bereits darauf achten sollte, dass der Mitarbeiter nicht die Zeitung während der Arbeitszeit liest oder übermäßig privat telefoniert oder E-Mail schreibt.

Spitzer formuliert: Wenn die private Nutzung sozialer Netzwerke ein Problem ist, gibt es im Unternehmen ein Management­pro­blem und eine Führungs­schwäche.

Durchaus sind aber Arbeit und Freizeit zu trennen. Arbeit ist kein Privatvergnügen, sondern ein Vertrag mit Rechten und Pflichten auf beiden Seiten.

Übrigens: Nach einer aktuellen Studie der IBM erlauben 90% der im Umfeld der sozialen Netzwerke erfolgreichen Unternehmen den Mitarbeitern die Nutzung am Arbeitsplatz. Die Unternehmen müssen aber wissen, was soziale Netzwerk bedeuten und klare, abgestimmte Vorgaben machen.

Das Unternehmen 2.0 – Teil 2

Umdenken bei den Prozessen

Ein Engagement in den sozialen Netzwerken wird dem Marketing alleine nicht gelingen. Bereits im Vorfeld muss geklärt sein, wie die dazu gehörigen Prozesse aussehen sollen und wer die Prozessbeteiligten sind. Dies ist keine Marketing­aufgabe, sondern bei der Unternehmens­organisation ange­siedelt.

Was ist damit gemeint?

Stellen wir uns vor, dass Marketing stellt bei Facebook eine Information zu einem bestimmten Produkt ein. Kurze Zeit danach wird ein kritischer Beitrag eines „Followers“, also eines Benutzers der den Beiträgen  des Unternehmens folgt, eingestellt. Dieser Eintrag beinhaltet Aussagen, die nur von Fachleuten zu dem Produkt beantwortet werde können – nicht aber vom Marketing.

Im Vorfeld müssen u.a. diese Fragestellungen bereits beantwortet sein:

  • Wie reagiert das Unternehmen grundsätzlich auf Kritik?
  • Wer beantwortet den Beitrag?
  • Wer ist im Unternehmen verantwortlich dafür, die fachlich korrekte Antwort zu formulieren?
  • Wie wird sichergestellt, dass der Benutzer dem Medium entsprechend kurzfristig seine Antwort erhält?
  • Wie wird sichergestellt, dass das Unternehmen die Beiträge später positiv für sich verwenden kann?

Das Unternehmen steht also vor der Herausforderung individuell auf den Beitrag zu antworten – es sind keine Textbausteine möglich. Die Antwort muss die Kritik aufnehmen und fachlich korrekt beantworten – es ist also sicherzustellen, dass jederzeit zu allen Produkten fachlich kompetente Ansprechpartner im Unternehmen kurzfristig zur Verfügung stehen. Die Antwort muss zeitnah erfolgen – klassische Prozesse wie die Anfrage per E-Mail, die stundenlang in einer Mailbox schlummern kann, werden also nicht funktionieren. Und zu guter Letzt soll das Unternehmen einen Nutzen aus der Rückmeldung der Benutzer ziehen – es muss also eine Auswertung der Rückmeldungen geben.

Sind diese Prozesse nicht definiert, so wird das Unternehmen schon beim Start seine Social-Media-Engagement Fehlschläge hinnehmen müssen. Die Benutzer erwarten, dass ihre Beiträge ernst genommen werden. Dazu gehört eine offene und dem Medium in angemessener Zeit geführte Kommu­nikation. Ohne vorab definierte Prozesse wird das Unternehmen an dieser Herausforderung scheitern.

Umdenken beim Management

Bevor ein Unternehmen sich in einem sozialen Netzwerk aktiv präsentiert, muss das Management dazu die Voraussetzungen schaffen.

Die Mitarbeiter müssen die zeitlichen Freiräume bekommen, sich mit den oben dargestellten Prozessen auseinander zu setzen. Dem Management muss klar sein, dass ein Eintrag in einem sozialen Netzwerk unter Umständen im Stellenwert genauso hoch zu priorisieren ist, wie ein persönlich in den Geschäftsräumen an­wesen­der Kunde. Ein weiterer Kanal im Kundenkontakt wird geöffnet und muss individuell betrachtet werden.

Das Unternehmen muss auch eine Kultur und Spielregeln für die Mitarbeiter schaffen, die einen klaren und für den Mitarbeiter erkennbaren Spielraum für die Kommen­tierung von Einträgen vorgibt. Diese Spielregeln sind vom Management zu verabschieden und transparent für alle Ebenen durchzusetzen.

Im nächsten Teil: Umdenken bei den Mitarbeitern und Fazit